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Aktion Würde und Gerechtigkeit – Wer wir sind und was wir machen
Am 4. Januar 2019 haben Experten und Engagierte in Lengerich (Westf.) den Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ gegründet. Sie wollen Arbeitsmigrant*innen aus Ost- und Südosteuropa in ihren Rechten stärken, um dazu beizutragen, dass ihre Integration und Teilhabe gelingt. Würde und Gerechtigkeit wird Wanderarbeiter*innen in unserem Land oft vorenthalten. Das „Deutsche Institut für Menschenrechte“ stellt in seinem jüngsten Bericht (2018) für den Deutschen Bundestag zur Entwicklung der Menschrechtssituation in Deutschland fest:
„Arbeitsmigrant*innen erleben hier trotz gesetzlicher Änderungen und ausgebauter Unterstützungsstruktur nach wie vor schwere Ausbeutung, beispielweise auf dem Bau, in der fleischverarbeitenden Industrie, der Pflege oder Landwirtschaft. Das heißt, sie arbeiten letztlich für zwei bis drei Euro die Stunde, mit vielen Überstunden und ohne soziale Absicherung. Ein zentrales Problem: Sie können ihr Recht auf Lohn ganz häufig nicht durchsetzen. Fehlende Sprach- und Rechtskenntnis, Abhängigkeit vom Arbeitgeber, fehlende Beweismittel sowie ein erschwerter Zugang zu Beratung führen zu einer strukturellen Unterlegenheit gegenüber den Arbeitgebern, die durch bestehende einzelne rechtlichen Instrumente nicht ausgeglichen werden kann. Es braucht ein effektives Gesamtkonzept, mit dem der Staat seine grund- und menschenrechtliche Verpflichtung umsetzt, betroffenen effektiven Zugang zum Recht zu gewähren.“ (S. 38)
Das deutsche Arbeitsrecht geht davon aus, dass die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten Sache des Beschäftigten ist. Das ist leider weit weg von der Wirklichkeit, wie der o. g. Bericht belegt. Eine Unterstützung durch Betriebsräte oder Gewerkschaften wird vorausgesetzt. Bei mobilen Beschäftigten kommt diese Unterstützung aber gar nicht zum Tragen. Betriebsräte und Gewerkschaften sind für Werkvertrags- und Leiharbeiter nicht vertretungsberechtigt. Arbeitsmigranten in einem bestehenden Arbeitsverhältnis können ihre vorenthaltenen Ansprüche kaum geltend machen. Sie haben begründete Angst vor dem Jobverlust und vor den Kosten eines Rechtsstreits. Diese Situation des Ausgeliefertseins und die faktische Unmöglichkeit, Arbeitnehmerrechte durchzusetzen, macht die Werkvertrags- und Leiharbeit so attraktiv für gewissenlose Ausbeuter und Menschenhändler und so anfällig für Ausbeutung z.B. in der Fleischindustrie, auf dem Bau oder in der Logistik.
Der Zugang zum Recht ist auch in anderen Bereichen nicht gewährleistet. Arbeitsmigrant*innen, die Opfer von Straftaten wurden (Menschenhandel, Lohnwucher, sexueller Missbrauch, Körperverletzungen etc.), durch Arbeits- oder Verkehrsunfälle geschädigt wurden und/oder in finanzielle Not geraten, nehmen ihre Rechte, die häufig nur auf Antrag gewährt werden, regelmäßig nicht wahr. Die Unkenntnis der Rechtslage, die Sprachbarriere, Schwellenangst gegenüber Behörden und fehlende Finanzmittel für die Beauftragung von Rechtsanwälten sind hierfür entscheidend. Arbeitsmigranten müssen wirksamen Zugang zum Recht erhalten. Rechtsverletzungen müssen verfolgt und geahndet werden. Die Wahrnehmung von Rechten darf nicht von der Sprachkompetenz und den finanziellen Mitteln der Opfer abhängen — dies ist ein Gebot der Menschenwürde (Art. 1 Grundgesetz).
Der Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ ist als gemeinnützig anerkannt und will durch ein Netzwerk von Juristen und juristisch geschulten Ehrenamtlichen den Rechtsweg für Arbeitsmigrant*innen leichter zugänglich machen. Das beginnt damit, dass Anträge bei Gericht für Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe übersetzt und Menschen, die kein Deutsch sprechen, bei der Antragstellung unterstützt werden. Juristische Beratung und Vertretung auch vor Gericht soll dadurch leichter zugänglich werden. Da in vielen Branchen und fast überall Bedarf besteht, will der Verein auch überregional tätig werden. Wir wollen die oft prekäre und menschenunwürdige Lebens- und Arbeitssituation von Arbeitsmigrant*innen sichtbar machen (Öffentlichkeitsarbeit), um diesen Menschen ein (Arbeits-)Leben in Würde und Gerechtigkeit zu ermöglichen sowie ihre Integration und jene ihrer Familien zu unterstützen. Sind Sie dabei?