Pressedienst Bistum Münster 26.09.21
Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ erhält Pax-Christi-Auszeichnung
Peter Kossen und sein Team nehmen Papst-Johannes-XXIII.-Preis entgegen
Münster/Lengerich (pbm/acl). Der Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ aus Lengerich,
dem Pfarrer Peter Kossen vorsitzt, ist am 25. September in der Aula der Katholischen
Studierenden- und Hochschulgemeinde (KSHG) in Münster mit dem Papst-Johannes-XXIII.-
Preis ausgezeichnet worden. Der noch junge Verein, gegründet im Januar 2019, setzt sich für
Arbeitsmigrantinnen- und migranten aus Ost- und Südosteuropa ein und arbeitet daran, die
oft prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen aufzudecken und zu verbessern. Zum
sechsten Mal vergab der Diözesanverband Pax Christi den Preis, der Menschen und Gruppen
im Bistum Münster würdigt, die sich im Sinn des Konzilspapstes Johannes XXIII. für
Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen.
„Wir würdigen heute ein entschiedenes Engagement gegen organisierte
Verantwortungslosigkeit“, betonte Klaus Hagedorn aus Oldenburg, ehemaliger Leiter des
katholischen Forums St. Peter, in seiner Laudatio. Der Verein mit derzeit 235 Mitgliedern
setze sich ein für „gutes Leben“, das meine, „dass Menschen nicht getötet werden, nicht
vertrieben, ausgebeutet, nicht unterdrückt, verachtet, nicht diskriminiert oder entrechtet
werden“. Seit den Corona-Ausbrüchen in der Fleischindustrie seien viele Menschen für die
Lebensbedingungen der osteuropäischen Arbeiter sensibilisiert, „sie nehmen wahr, dass hier
moderne Formen der Sklaverei in einem Rechtsstaat betrieben werden“, verdeutlichte
Hagedorn.
Zwölf-Stunden-Schichten, unbezahlte Überstunden, Sechs- bis Sieben-Tage-Wochen,
Bezahlung unter dem Mindestlohn, fristlose Kündigung von Arbeiterinnen bei
Schwangerschaften, kein Krankenversicherungsschutz: Aus Sicht von Hagedorn sind das
Umstände, die Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nahezu unmöglich
machen. „Sie werden behandelt als Ware, als Menschen zweiter Klasse“, betonte der
Laudator. Die „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ spreche dabei von „Wegwerf-MenschenMentalität“.
Kapitalismus vor der eigenen Haustür: „Diese Seite, von der wir durch billige
Fleischpreise profitieren, kommt uns unangenehm nahe“, führte Hagedorn vor Augen.
Zwei festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen im Lengericher Büro des
Vereins Anrufe und Beratungsanfragen entgegen. Seit kurzem unterstützt das Land NRW die
Arbeit mit der zweijährigen Finanzierung einer halben Juristenstelle. Die Bandbreite der
Anfragen ist groß: Fragen des Arbeitsrechts, falsche Lohnberechnungen, nicht geltend zu
machende Urlaubsansprüche, Wohnungsfragen: „Die Erfahrung ist, dass all dies seitens der
Fleischindustrie ‚versucht‘ wird, weil davon ausgegangen wird, dass sich die
Arbeitsmigrantinnen und ‑migranten nicht dagegen auflehnen“, erklärte der Laudator.
Arbeitsrechtlich ließen sich die Anfragen leicht klären, „immer dann, wenn anwaltliche
Vertretung dabei ist.“ „Dass die ‚Aktion Würde und Gerechtigkeit‘ einen wichtigen Kampf
kämpft, an der Veränderung von ungerechten und ausbeuterischen Arbeitsstrukturen
arbeitet – gegen viele Widerstände –, dass sie sich auf die Seite der osteuropäischen
Mitbürger stellt, ihnen zur Ermächtigung hilft: das alles soll mit der Verleihung des
JohannesXXIII.-Preises gewürdigt werden“, schloss Hagedorn.
Aus den Händen der Diözesanvorsitzenden Maria Buchwitz und Vorstandsmitglied Johannes
Gertz nahmen Kossen und sein Team die Bronzebüste des Papstes und eine Urkunde
entgegen. „Diese Auszeichnung tut uns gut und ermutigt uns, unsere Arbeit in dieser Weise
fortzuführen“, erklärte Pfarrer Kossen in seinen Dankesworten und verdeutlichte: „Die
Empörung treibt uns an, die Solidarität leitet uns.“
Auf das neue Arbeitsschutzkontrollgesetz in der Fleischindustrie blickten in einer
anschließenden Gesprächsrunde Matthias Brümmer, Geschäftsführer bei der Gewerkschaft
Nahrung, Genuss, Gaststätten in der Region Oldenburg/Ostfriesland, Daniela Reim, Beraterin
in der Beratungsstelle Oldenburg für Mobile Beschäftigte, und Regine Kretschmer,
Referentin für ländliche Entwicklung in der Lateinamerika-Abteilung des Hilfswerks Misereor.
Auszeichnung: Pfarrer Peter Kossen (Mitte) und Herman Lütkeschümer (links) nahmen den
Papst-Johannes-XXIII.-Preis aus den Händen der Pax-Christi-Diözesanvorsitzenden Maria
Buchwitz entgegen.
Preisverleihung: Der Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ aus Lengerich ist mit dem
Papst-Johannes-XXIII.-Preis ausgezeichnet worden.
Publikum: Die Preisverleihung fand in der Aula des Katholischen Studierenden- und
Hochschulgemeinde in Münster statt.
Hagedorn: Klaus Hagedorn aus Oldenburg hielt die Laudatio.
Kossen: „Die Empörung treibt uns an, die Solidarität leitet uns“, erklärte Pfarrer Peter Kossen
in seinen Dankesworten.
Fotos: Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann